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Wissen

Die Sieben Thesen: Deutsch als Wissenschaftssprache

Das Erlernen und Weitergeben von Wissen hat sehr viel mit Sprache zu tun. Denn Informationen können nur ausgetauscht werden, wenn es eine gemeinsame Verständigung gibt. Schon früh gab es daher immer eine Art Wissenschafts- bzw. Gelehrtensprache. In der Antike war es das Griechische, selbst als das Römische Reich schon große Ausdehnungen erreicht hat. Später wurde es von Latein abgelöst, was bis ins 18. Jahrhundert die wichtigste Gelehrtensprache war. Abgelöst wurde es dann vom Französischen und Englischen.

Vor allem Englisch wird heute als Sprache der Wissenschaft genutzt, doch ist das nicht nur von Vorteil. Daher haben Wissenschaftler sieben Thesen formuliert, die sich mit Deutsch als Wissenschaftssprache beschäftigen. Die Grundthese lautet: Eine Abkehr des Deutschen in der Wissenschaft sorgt für eine Schwächung der Gesellschaft und des Gedankenaustauschs. Alles weitere zu den Thesen gibt es in diesem Artikel nachzulesen.

Deutsche Sprache der Wissenschaft: 7 Thesen

In den sieben Thesen wird dargelegt, warum eine vollkommene Abkehr der deutschen Sprache im Wissensaustausch ein großer Nachteil wäre. Daraus werden auch Forderungen und Lösungsansätze abgeleitet.

These 1

Bei der ersten These geht es darum, dass Englisch als Lingua Franca – also als allgemeine länderübergreifende Sprache – eine wichtige Rolle spielt und alle Wissenschaftler, die international tätig sind, ihre Arbeiten auch in englischer Sprache veröffentlichen müssen.

Nur so kann Wissen global geteilt werden, was letztendlich ein wichtiger Aspekt von Wissenschaft ist. Diese Vormachtstellung des Englischen wird nicht angezweifelt. Die meisten Publikationen und Konferenzen werden daher auch in Englisch veröffentlicht bzw. geführt.

These 2

Auch wenn das Englische als wichtigste Sprache akzeptiert wird, ist es wichtig, dass im deutschen Wissenschaftsbetrieb Deutsch eine große Rolle spielt. Wenn auch intern nur Englisch genutzt wird, erschwert sich dadurch der Austausch von Gedanken. Auch wenn Wissenschaftler in der Regel Englisch beherrschen, ist der Austausch über komplexe Zusammenhänge und Nuancen sehr schwierig in einer Fremdsprache, die man vielleicht nicht von Kindesbeinen an gelernt hat.

These 3

These 3 Die grundsätzliche Reduktion des Wissens auf nur eine Sprache führt zu einer geistigen Verarmung. Das liegt daran, dass Sprache nicht nur ein Austauschmittel ist, sondern maßgeblich die Art und Weise prägt, wie Menschen denken und die Welt wahrnehmen. Somit bietet jede Sprache auch einen einzigartigen Blick auf die Welt, wodurch Erkenntnisse gewonnen werden, die bei einer einheitlichen Sprache so nicht möglich wären. Das gilt daher nicht nur für die deutsche Sprache in der Wissenschaft.

These 4

Englisch hat enorme Vorteile, um als Universalsprache der Wissenschaft zu dienen. Viele Wissenschaftler nutzen daher auch gerne das Englische, das sich in vielerlei Hinsicht etabliert hat. Doch genau das verhindert auch eine Weiterentwicklung der deutschen Wissenschaftssprache und ihrer fächerspezifischen Terminologien. Je mehr Deutsch genutzt wird, desto eher kann die Sprache für die Wissenschaft, die sich stetig weiterentwickelt, genutzt werden.

These 5

These 5 In der fünften These kommt ein wichtiger Aspekt zum Zug, der häufig in solchen Debatten zu kurz kommt. Es ist die Verbindung von Wissenschaft und Öffentlichkeit. Ohnehin fällt es Laien oft schwer, viele wissenschaftliche Aspekte zu verstehen. Das verstärkt sich immens, wenn nur noch Englisch genutzt wird. Das sorgt letztendlich nicht nur dafür, dass die Akzeptanz für die Wissenschaft schwindet, sondern auch kein Austausch stattfinden kann. Schon Albert Einstein hat diesen Punkt angeprangert und eine geistige Verarmung des Volkes befürchtet.

These 6

Für Wissenschaftler und Studenten, die in ein anderes Land gehen, spielt die Sprache oft eine große Rolle. Zwar stellt sie einerseits eine Hürde dar, andererseits aber auch eine Herausforderung und ein spezifisches Herausstellungsmerkmal. Wenn überall Englisch gesprochen wird, könnten viele lieber direkt in ein englischsprachiges Land ziehen, um sozusagen direkt beim Original zu sein. Grundsätzlich sorgt eine eigene gepflegte Sprache dafür, dass der Standort Deutschland attraktiver wird.

These 7

These 7 Aus diesen vorherigen Thesen entsteht der Wunsch und die Forderung, dass Deutschland als Forschungsstandort gefördert wird und es bei den Universitäten und Fachgesellschaften ein Umdenken geben muss. Es muss gezielt dafür gesorgt werden, dass die deutsche Sprache gefördert wird, um die zuvor genannten Vorteile zu erreichen und entsprechende Nachteile zu vermeiden. Es ist ein wissenschaftliches Anliegen, das unabhängig von jeder Disziplin zu verstehen ist.

Die Lösungsansätze und Forderungen

Die Wissenschaftler, die die Thesen formuliert haben, haben darüber hinaus auch Forderungen aufgestellt bzw. Lösungsansätze vorgeschlagen. Unter anderem wird gefordert, dass auf nationalen Tagungen deutsch gesprochen wird und es bei internationalen Kongressen Zweisprachigkeit gibt, was durch Simultanübersetzungen ermöglicht werden kann. Oftmals werden Konferenzen in Deutschland nur noch auf Englisch geführt, wenn viele Gäste aus dem Ausland mit dabei sind. Darüber hinaus wurde gefordert, dass in Fachzeitschriften in Deutschland mehr deutschsprachige Artikel erscheinen sollen – mit englischen Zusammenfassungen.

Die Lösungsansätze und Forderungen

An Universitäten muss Deutsch eine wichtige Rolle spielen. Das bedeutet, dass Lehrveranstaltungen in Deutsch angeboten werden und von ausländischen Studenten entsprechend ausreichende Kenntnisse der Sprache gefordert werden. Sicherlich ist das kurzzeitig eine große Hürde, langfristig können die positiven Effekte aber überwiegen. Anreize können zudem geschaffen werden, wenn Veröffentlichungen in englischen Journals nicht nur nach ihrem hohen Impaktfaktor bewertet werden, sondern auch Publikationen in deutschsprachigen Medien. Zwar ist klar, dass diese Forderungen nicht alle auf einmal umgesetzt werden können, doch auch in Teilen wäre es wichtig, diese zu berücksichtigen.

Wie wirkt sich KI auf wissenschaftliche Sprache aus?

Wie wirkt sich KI auf wissenschaftliche Sprache aus? In den letzten Jahren ist ein Faktor dazugekommen, der noch einmal sehr viel durcheinanderwirbeln kann. Die Rede ist von künstlicher Intelligenz, die natürlich auch auf die Wissenschaft einen großen Einfluss ausüben wird. Schon jetzt können Large Language Models (LLMs) bei der Planung, Formulierung und Überarbeitung von Texten helfen, was sehr viele Vorteile mit sich bringt. Dabei ist mit nur einem Klick sogar die mehrsprachige Textproduktion möglich. Dabei könnte es sein, dass dadurch auch nationale Wissenschaftssprachen mehr genutzt werden können, da es durch KI sozusagen eine Art der Simultanübersetzung gibt. Doch es gibt auch Bedenken, da künstliche Intelligenz nicht unvoreingenommen arbeitet.

Je mehr Inhalte einer KI überlassen werden, desto weniger Kontrolle haben die Wissenschaftler über diese Inhalte. Das gilt vor allem auch bei Übersetzungen, die sie bei fehlender Sprachkenntnis nur schwer selbst überprüfen können. Zudem scheint es so, als wenn viele KI-Systeme Englisch als Leitsprache haben, was sich entsprechend auch auf die Erstellung der Texte auswirkt. So könnten Stilprinzipien des Englischen auf andere Sprachen wie das Deutsche übertragen werden, sodass letztendlich doch die Hegemonie des Englischen bleibt. Die aktuellen Schwächen gilt es entsprechend für die Zukunft auszumerzen.

Fazit zu den 7 Thesen der Wissenschaftssprache

Fazit zu den 7 Thesen der Wissenschaftssprache Wissenschaft hängt massiv von Kommunikation und Denken ab und beides kann nicht unabhängig von Sprache gedacht werden. Menschen mit deutscher Sprache denken anders als Menschen mit englischer Sprache. Die Unterschiede mögen oft klein sein, doch die Nuancen können zu Erkenntnissen führen, die vor allem in der Wissenschaft von großer Bedeutung sind. Daher wurden sieben Thesen formuliert, in denen die Bedeutung des Deutschen als Wissenschaftssprache hervorgehoben wird. Ihre Nutzung bringt Vorteile, ihre Verdrängung sorgt für Nachteile. Das gilt übrigens für alle nationalen Sprachen. Wissenschaftler müssen sich vor allem in den Sprachen austauschen, in denen sie das beste Verständnis haben. Für deutsche Wissenschaftler ist das eben in der Regel die deutsche Sprache.

Karl-Heinz Merten

Ich bin Kolumnist und Autor für Finanzen, Wirtschaft, Wissen und schreibe mit Haltung, aber ohne Scheuklappen. Kolumnen sind für mich kein Ort für Parolen, sondern für Perspektiven mit Tiefe. Geschichte verstehe ich nicht als staubige Erinnerung, sondern als lebendigen Rahmen unserer Gegenwart. Politik interessiert mich dort, wo sie den Alltag der Menschen berührt. Mein journalistischer Weg begann in einer kleinen Lokalredaktion und führte mich über Stationen in Bonn und Hamburg schließlich nach Berlin. Nach dem Studium der Geschichte und Politikwissenschaft in Köln sowie einer Ausbildung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk habe ich mich kontinuierlich weitergebildet, unter anderem in politischer Kommunikation, Medienethik und wirtschaftlichem Fachjournalismus. Besonders faszinieren mich die Schnittstellen von Politik, Wirtschaft und gesellschaftlicher Entwicklung. Ich schreibe nicht, um zu gefallen, sondern um Orientierung zu geben, gedruckt und digital. Bei Die Mark Online greife ich regelmäßig aktuelle Themen auf, die nach Einordnung verlangen.

"Journalismus heißt für mich: zuhören, verstehen, einordnen – nicht nachplappern." Karl-Heinz Merten

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