Die Mark Online | das Magazin mit Ratgebern, News und mehr

Literatur

Analphabetismus – Endstation Gosse?

Auch wenn es einst nur um die Deutung von Symbolen, Spuren im Wald oder das Wetter ging, in der Gegenwart sind wir auf das Lesen und Interpretieren angewiesen, damit ein gesellschaftliches Leben miteinander überhaupt erst möglich wird. Sicherlich verstehen viele Menschen etwas anderes unter dem Begriff Lesen, doch Analphabetismus zeigt, wie essenziell diese Fähigkeit für das tägliche Leben und den sozialen Zusammenhalt ist.

Die einen meinen damit das Erkennen, deuten und wiedergeben von Buchstaben mitsamt Lauten sowie einer gewissen Vertonung, welche damit zusammenhängen könnte. Andere beziehen sich beim Lesen lediglich auf das Fühlen und Ertasten bestimmter Zeichen, welche gerade in der Blindenschrift gang und gäbe sind. Am Ende ist Lesen dann doch vielfältiger, als man es auf den ersten Anschein vermuten würde.

Lesen als Grundlage des weiteren Werdegangs

Literatur begleitet uns als Richtung der audio-, visuellen Wiedergabe von Inhalten schon seit vielen Jahrhunderten. Würde es diese nicht geben, so hätten keine Kirchen der Welt biblische Grundlagen, an die man sich orientieren könnte. Das Absolvieren einer Fahrschule, beruflichen Ausbildung oder gar Studiums baut auf das Lesen in all seinen Facetten schon seit einer gefühlten Ewigkeit auf. Das Gute an der Sache ist, um Lesen zu können, braucht es natürlich auch den Mensch als sozialisiertes sowie intelligentes Wesen. Ohne dieses wäre keine Form des Lesens und Verstehens möglich sowie in die Tat umsetzbar.

Damit man auf das bereits vorhandene Wissen aufbauen kann, muss man in irgendeiner Form lesen können. Kinder vor dem Eintritt in das Grundschulalter können das klassische Lesen, sprich eine Interpretation von Schriften, noch nicht in die Tat umsetzen. Irgendwann stoßen sie an die Grenzen ihres altersbedingten Horizonts, wo sie an einem Scheidepunkt ihrer Entwicklung stehen: dem Zeitpunkt, an dem sie lesen, rechnen und schreiben lernen. Analphabetismus kann diesen natürlichen Prozess jedoch erheblich stören und die Bildungsbiografie der Kinder beeinflussen.

Normal ist es so, dass Kinder ab dem Eintritt in die Grundschule oder durch den Beginn vom Homeschooling in Ländern, wo dies legal ist, anfangen, genau diese Kompetenzen zu erlernen und mit der Zeit sogar noch verbessern. Dieser Prozess dauert in der Regel zwischen neun und dreizehn Jahre, die sogenannte Schullaufbahn also. Nach dieser besitzen die Heranwachsenden also erst die Fähigkeit, den weiteren Werdegang selbst zu bestimmen.

Keine Gegebenheit ohne Ausnahmen

Diese für deutsche Verhältnisse geltende Gegebenheit bekommt spätestens dann Löcher, wenn es Kinder gibt, welche eben nicht lernen, zu lesen. Die Ursachen hierfür sind verschieden. Einige Gründe werden nachfolgend kurz erläutert:

Familiäre Gründe

Analphabetismus und die Gewalt im Elternhaus Immer noch gibt es leider viel zu viel Gewalt im Elternhaus, worunter die dort lebenden Kinder sicherlich oft zu leiden haben. Überforderte Eltern, drohende Perspektivlosigkeit, Armut oder eine Alkoholsucht beziehungsweise Abhängigkeit in Bezug auf Drogen bei den Erziehungsberechtigten sorgen für ein nicht so angenehmes Umfeld, wo das jeweilige Kind aufwachsen muss. In dem Zusammenhang kann ein Kind zu Hause gar nicht in Kontakt mit Büchern und Literatur kommen, wer soll diese dem Nachwuchs abends vorlesen, wenn die Eltern nur mit sich selbst beschäftigt sind?

Viele Erziehungsberechtigten können oft selbst kaum oder gar nicht lesen und können dies also dem Kind unmöglich beibringen. Selbst wenn Lehrer in der Schule dem Nachwuchs versuchen, das beizubringen, letztlich wird es in heimischen Gefilden nicht weiter trainiert. Kinder aus schwierigen Elternhäusern gehen obendrein häufig nicht regelmäßig zur Schule oder verlassen das Gebäude schon nach der ersten Stunde wieder, geraten so also auf die sogenannte schiefe Bahn.

Diesen Umstand kann man in der Folge nur schwer wieder beheben, denn je älter man wird, umso länger braucht ein Mensch, Wissen sich anzueignen und im Alltag anzuwenden. Sicher kann man auch noch als Erwachsener Lesen lernen, ein spezielles Institut dafür besuchen, welches solche Kurse anbietet. Dennoch bleibt so ein positiver Verlauf nach einer schwierigen Kindheit eher die Ausnahme. Wenn man also als Kind schon Analphabet ist beziehungsweise nicht lesen kann, so setzt sich diese Gegebenheit auch bis zum Tod im Rentenalter fort.

Organische Ursachen

Viele Kinder besitzen eine körperliche Konstitution, welche es nicht erlaubt, dass man beispielsweise Lesen kann. Die Fähigkeit zu lesen bedingt, dass man die Inhalte auch deuten, aufnehmen und kognitiv verarbeiten kann. Ist eine Störung beispielsweise im Gehirn oder bei den Augen vorhanden, kann das Lernen sowie Ausführung des Lesens stark beeinträchtigt sowie auch unmöglich sein. Hörbücher haben hingegen nichts mit dem Lesen zu tun. Hier geht es vermehrt um Informationen, welche durch Audiosignale weitergegeben werden. Wer nicht lesen kann, wird jedoch oft sehr gut zuhören und verstehen können. Das eine schließt also das andere nicht aus.

Fazit zu Analphabetismus

Fazit zu Analphabetismus Kann man ohne Lesen oder auch Schreiben in der Folge alt werden? Nun wenn man minimalistisch lebt, nicht von der Bahn abkommt und das gesellschaftliche Treiben mitsamt Karriere meiden möchte, dann sicherlich. Eher die Begleiterscheinungen, welche das Nichtlesen begleiten, wie fehlende berufliche Perspektiven, im Einklang mit dem Empfangen von Sozialleistungen, kriminell werden oder eine Krankheit, die sich aus den Folgen ergeben können, generieren manchmal ein verkürztes Leben. Analphabetismus selbst ist also nicht tödlich, wenn man es so verstehen möchte. Letztlich ist es eine Sache der Toleranz, wie man mit dem Nichtlesen können umgeht, auch gesellschaftlich gesehen.

Karl-Heinz Merten

Ich bin Kolumnist und Autor für Finanzen, Wirtschaft, Wissen und schreibe mit Haltung, aber ohne Scheuklappen. Kolumnen sind für mich kein Ort für Parolen, sondern für Perspektiven mit Tiefe. Geschichte verstehe ich nicht als staubige Erinnerung, sondern als lebendigen Rahmen unserer Gegenwart. Politik interessiert mich dort, wo sie den Alltag der Menschen berührt. Mein journalistischer Weg begann in einer kleinen Lokalredaktion und führte mich über Stationen in Bonn und Hamburg schließlich nach Berlin. Nach dem Studium der Geschichte und Politikwissenschaft in Köln sowie einer Ausbildung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk habe ich mich kontinuierlich weitergebildet, unter anderem in politischer Kommunikation, Medienethik und wirtschaftlichem Fachjournalismus. Besonders faszinieren mich die Schnittstellen von Politik, Wirtschaft und gesellschaftlicher Entwicklung. Ich schreibe nicht, um zu gefallen, sondern um Orientierung zu geben, gedruckt und digital. Bei Die Mark Online greife ich regelmäßig aktuelle Themen auf, die nach Einordnung verlangen.

"Journalismus heißt für mich: zuhören, verstehen, einordnen – nicht nachplappern." Karl-Heinz Merten

Karl-Heinz Merten