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Jetzt kaufen, später zahlen: Chancen & Risiken

Ein Klick, ein weiterer Artikel im Warenkorb, und das Versprechen klingt harmlos: „Jetzt kaufen, später zahlen.“ Für einen Moment wirkt das wie ein kleines Stück Freiheit. Das Konto bleibt unbelastet, die Bestellung ist abgeschlossen, der Gedanke an Rückzahlung verschiebt sich in die Zukunft. Doch genau in dieser Verschiebung liegt die eigentliche Versuchung. Zwischen kurzfristiger Entlastung und langfristiger Verpflichtung verschwimmen klare Grenzen.

Das Modell schafft Bequemlichkeit, aber auch Unsicherheit – eine moderne Form der Kreditkultur, die mit psychologischer Leichtigkeit arbeitet. Die Diskussion um diese Zahlungsform reicht längst über Konsumverhalten hinaus. Es geht um Zugänglichkeit, um verdeckte Kosten und um Transparenz, die oft nur auf den ersten Blick gegeben ist. Auch der rechtliche Rahmen steht im Fokus, weil viele Anbieter zwischen Bankprodukt und technischer Dienstleistung agieren. Verbraucherrechte geraten dabei leicht ins Hintertreffen, wenn Zinsen, Mahngebühren oder Inkassoprovisionen erst später sichtbar werden.

Geschäftsmodelle in der Übersicht

Das Prinzip von „Buy now, pay later“ wirkt einfach, ist aber komplexer, als es scheint. Hinter der bequemen Zahlungsoption stehen verschiedene Modelle: Bei der klassischen Ratenzahlung wird der Betrag über mehrere Monate gestreckt, während der Zahlungsaufschub den Kaufpreis erst nach einigen Wochen fällig werden lässt. Manche Anbieter werben mit 0-Prozent-Finanzierungen, bei denen der Käufer zwar keine Zinsen zahlt, der Händler jedoch eine Gebühr übernimmt. Andere Systeme kombinieren beides und verlangen erst bei Verzug zusätzliche Kosten.

An den Prozessen verdienen gleich mehrere Akteure. Händler profitieren von höheren Warenkörben und steigender Kaufbereitschaft, während Zahlungsdienstleister über Transaktionsgebühren und Provisionen ihre Gewinne erzielen. Banken oder Finanzpartner übernehmen oft die Kreditprüfung und das Risiko, wenn ein Kunde nicht zahlt. Manche Plattformen verkaufen sogar Forderungen weiter, um ihre Liquidität zu sichern. Auf diese Weise verteilt sich das Geschäftsmodell über ein Netz aus Handel, Technologie und Finanzierung. Für den Verbraucher bleibt davon meist nur die Oberfläche sichtbar – ein unscheinbarer Button im Checkout, der einen ganzen Finanzmechanismus auslöst.

Vorteile für Händler und Verbraucher

Für Händler eröffnet das Modell neue Spielräume. Wenn der Zahlungsprozess bequemer wirkt, sinkt die Zahl der abgebrochenen Käufe – die Conversion steigt. Kunden, die nicht sofort zahlen müssen, greifen häufiger zu höherwertigen Produkten, was Margen und Umsatz anhebt. Gleichzeitig stärkt die Option das Vertrauen, weil sie Sicherheit vermittelt: Wer erst später bezahlt, fühlt sich weniger gedrängt. Viele Anbieter binden Kunden über eigene Apps oder Bonusprogramme, wodurch wiederkehrende Käufe wahrscheinlicher werden.

Für Verbraucher bedeutet „Jetzt kaufen, später zahlen“ zunächst Luft zum Atmen. Der finanzielle Druck verschiebt sich, ohne dass sofort ein Kreditvertrag unterschrieben werden muss. Gerade bei spontanen Ausgaben oder saisonalen Anschaffungen bietet das Modell Flexibilität, die klassische Banken oft nicht gewähren. Zudem lässt sich der Zahlungszeitpunkt an den eigenen Geldfluss anpassen, etwa an das nächste Gehalt. Diese kurzfristige Entlastung fühlt sich angenehm an, besonders in Zeiten steigender Preise. Doch genau darin liegt auch die Stärke des Systems: Es spielt mit dem Gefühl von Freiheit, während die Verpflichtung nur vorübergehend unsichtbar bleibt.

Risiken und Fallstricke

Zahlungsmodell und Risiken Das bequeme Zahlungsmodell kann schnell zur Belastung werden, wenn mehrere Käufe gleichzeitig laufen. Jede offene Rate bleibt zwar klein, doch in Summe wächst die Verpflichtung unbemerkt an. Besonders dann, wenn verschiedene Anbieter genutzt werden und keine zentrale Übersicht existiert. Verspätete Zahlungen führen zu Mahngebühren oder Sperrungen, die den vermeintlich günstigen Einkauf nachträglich verteuern. Auch das Verschieben von Raten erzeugt langfristig Druck, weil die Übersicht über Fälligkeiten verloren geht.

Zudem bleibt der Einfluss auf die eigene Kreditwürdigkeit oft undurchsichtig. Manche Anbieter melden Zahlungsausfälle an Auskunfteien, andere nicht – ein Flickenteppich aus Regeln und Kulanz. Verbraucher erkennen selten, wie ihr Verhalten im Hintergrund bewertet wird. Transparenz fehlt ebenso bei versteckten Gebühren, die erst nach Ablauf der Fristen sichtbar werden. Hinzu kommt, dass gesetzliche Vorgaben in vielen Ländern noch Lücken lassen und Anbieter weitgehend selbst kontrollieren.

Zielgruppen, Nutzungsmuster und empirische Befunde

Die Nutzer von „Buy now, pay later“ bilden keine homogene Gruppe, doch bestimmte Muster zeichnen sich ab. Besonders junge Erwachsene zwischen zwanzig und dreißig Jahren greifen häufig auf das Modell zurück. Viele verfügen über ein begrenztes Einkommen, wollen sich aber den Zugang zu Konsum und Markenartikeln bewahren. Auch Menschen mit unregelmäßigem Gehalt oder freiberuflicher Tätigkeit nutzen BNPL, um finanzielle Lücken zu überbrücken. Der Kauf wird dadurch planbarer, selbst wenn das Budget knapp bleibt. Im Gegensatz zu klassischen Krediten wirkt die Einstiegshürde geringer, weil keine lange Bonitätsprüfung erfolgt.

Empirische Untersuchungen zeigen ein ambivalentes Bild. Studien der Richmond Federal Reserve, der Bank for International Settlements und der US-Verbraucherschutzbehörde Consumer Financial Protection Bureau verweisen auf steigende Nutzungszahlen, aber auch auf wachsende Zahlungsausfälle. Besonders häufig treten Verzögerungen bei kleineren Beträgen unter hundert Euro auf – meist durch Nachlässigkeit, nicht durch echte Zahlungsunfähigkeit. Viele Befragte berichten, dass sie ihre Gesamtausgaben unterschätzen, wenn mehrere Raten parallel laufen. Gleichzeitig geben Nutzer an, dass sie BNPL als stressfreier empfinden als Kredite, obwohl die Verpflichtung dieselbe bleibt.

Regulierungsansätze und Empfehlungen

Bonitätsprüfungen In Europa und auch in Deutschland wächst das Bewusstsein, dass „Buy now, pay later“ einer klareren Regulierung bedarf. Bisher gelten viele Anbieter formal nicht als Kreditgeber, obwohl sie vergleichbare Risiken erzeugen. Die EU plant deshalb strengere Informationspflichten und Bonitätsprüfungen, um Transparenz und Verbraucherschutz zu stärken. Auch deutsche Behörden fordern eine Einbindung in bestehende Finanzaufsichtsstrukturen. Internationale Untersuchungen, etwa der Richmond Fed und von Norton Rose Fulbright, verweisen zudem auf die Notwendigkeit einheitlicher Standards, die Gebühren, Datenverarbeitung und Inkassoprozesse betreffen.

Verbraucher können jedoch selbst viel zur Kontrolle beitragen. Wer BNPL nutzt, sollte alle offenen Raten in einer Übersicht führen und Zahlungstermine frühzeitig prüfen. Automatische Erinnerungen oder Budget-Apps helfen, den Überblick zu behalten, besonders bei mehreren Anbietern. Sinnvoll ist auch, Käufe nur dann aufzuteilen, wenn das Einkommen den Rückzahlungsplan wirklich abdeckt. Eine gute Regel lautet, maximal einen aktiven BNPL-Vertrag gleichzeitig laufen zu lassen.

Fazit zum Konzept „Jetzt kaufen, später zahlen“

Fazit zum Konzept „Buy now, pay later“ bleibt ein Spiegel unserer Zeit – bequem, digital und verführerisch einfach. Das Modell eröffnet neue Freiheiten, wenn Geld und Konsum nicht immer im gleichen Rhythmus laufen. Doch diese Flexibilität hat ihren Preis, sobald Übersicht und Disziplin fehlen. Nur wer versteht, wie die Mechanismen wirken, kann sie sinnvoll nutzen.

Transparente Bedingungen, faire Prüfverfahren und klare Regeln schaffen den Rahmen, in dem das System funktionieren kann. Am Ende zeigt sich, dass Bequemlichkeit und Verantwortung sich nicht ausschließen müssen. Sie brauchen nur ein Gleichgewicht, das mehr wiegt als ein schneller Kauf.

Karl-Heinz Merten

Ich bin Kolumnist und Autor für Finanzen, Wirtschaft, Wissen und schreibe mit Haltung, aber ohne Scheuklappen. Kolumnen sind für mich kein Ort für Parolen, sondern für Perspektiven mit Tiefe. Geschichte verstehe ich nicht als staubige Erinnerung, sondern als lebendigen Rahmen unserer Gegenwart. Politik interessiert mich dort, wo sie den Alltag der Menschen berührt. Mein journalistischer Weg begann in einer kleinen Lokalredaktion und führte mich über Stationen in Bonn und Hamburg schließlich nach Berlin. Nach dem Studium der Geschichte und Politikwissenschaft in Köln sowie einer Ausbildung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk habe ich mich kontinuierlich weitergebildet, unter anderem in politischer Kommunikation, Medienethik und wirtschaftlichem Fachjournalismus. Besonders faszinieren mich die Schnittstellen von Politik, Wirtschaft und gesellschaftlicher Entwicklung. Ich schreibe nicht, um zu gefallen, sondern um Orientierung zu geben, gedruckt und digital. Bei Die Mark Online greife ich regelmäßig aktuelle Themen auf, die nach Einordnung verlangen.

"Journalismus heißt für mich: zuhören, verstehen, einordnen – nicht nachplappern." Karl-Heinz Merten

Karl-Heinz Merten